„Honorarärzte“, die entsprechend ihrer ärztlichen Ausbildung in den klinischen Alltag eingegliedert sind und einen festen Stundenlohn erhalten, gelten regelmäßig als abhängig beschäftigt und sind damit sozialversicherungspflichtig. Das hat das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen entschieden.

Einbindung in Stationsalltag spricht für abhängige Beschäftigung

Der Fall
Ein Krankenhaus hatte mit einer Gynäkologin einen „Honorararztvertrag“ geschlossen. Danach sollte die Ärztin für die Dauer von einem Monat Patienten in der Abteilung Gynäkologie und Geburtshilfe betreuen und behandeln. Laut Vertrag sollte sie als „Selbstständige“ tätig sein, sich also selbst versichern. Der „Honorararztvertrag“ kam mithilfe einer Onlinevermittlung zustande. Als Stundenlohn waren 60 € vereinbart. Die Patienten wurden der Ärztin zugewiesen. Die Behandlung erfolgte entsprechend der Ausbildung selbstständig, das Letztentscheidungsrecht hatte der Chefarzt. Die Gynäkologin arbeitete im Team mit den im Krankenhaus tätigen weiteren Ärzten und dem nichtärztlichen Personal.

Die Klinik beantragte bei der Rentenversicherung die Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status der Medizinerin. Die Rentenversicherung stellte fest, dass die Ärztin im Krankenhaus im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses tätig war und daher Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe (von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht war die Ärztin befreit). Gegen diese Entscheidung klagte die Klinik.

Die Entscheidung
Ohne Erfolg. Die Tätigkeit der Gynäkologin in dem Krankenhaus sei als abhängige und damit sozialversicherungspflichtige Beschäftigung einzuordnen, urteilte das Gericht. Dies folge vor allem daraus, dass die Ärztin kein Unternehmerrisiko zu tragen habe und im Wege der funktionsgerecht dienenden Teilhabe in den Arbeitsprozess des Krankenhauses eingegliedert sei. Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung sei § 7 Abs. 1 SGB IV. Entscheidend sei die Eingliederung in den Betrieb. Dabei sei die jeweilige Tätigkeit zu beurteilen, nach dem der einzelne Dienst angetreten worden sei.

Die Ärztin habe im Team mit den anderen Mitarbeitern des Krankenhauses gearbeitet. Dass sie, solange der Chefarzt ihr diesbezüglich keine konkreten Vorgaben erteilt hatte, selbst entscheiden konnte, in welcher Reihenfolge sie die ihr jeweils zugewiesenen Patienten behandelte, entspreche dem Ablauf auf Station. Dabei komme es nicht darauf an, mit welcher Häufigkeit chefärztliche Weisungen tatsächlich erteilt wurden. Etwaige Handlungsspielräume für die Gynäkologin, die gegen die jedenfalls funktionsgerecht dienende Eingliederung in die Klinik sprechen könnten, lägen nicht vor (LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 16.12.2015, Az.: L 2 R 516/14).

Fazit
Selbstverständlich ist es möglich, die Zusammenarbeit zwischen einer Klinik und einem Honorararzt so zu gestalten, dass keine Sozialversicherungspflicht besteht. Hierfür genügt es aber nicht, den Arzt als Honorararzt zu bezeichnen. Entscheidend ist vielmehr die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit. Diese muss freiberuflich ausgestaltet sein und darf eben nicht Kriterien einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung erfüllen.

Im Überblick: Kriterien für eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung
Der Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist die Vorschrift des § 7 Abs. 1 SGB IV. Danach sprechen insbesondere folgende Aspekte für das Vorliegen eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses:

  • Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Betriebes
  • Weisungsgebundenheit
  • kein Unternehmerisches Risiko
  • kein Einsatz eigenen Kapitels