Erkennen Klinikärzte wegen eines Befunderhebungsfehlers eine Subarachnoidalblutung in Form einer Warnblutung nicht, so haftet das Krankenhaus für schwere Gesundheitsschäden, die ein Patient infolge einer späteren erneuten Blutung erleidet. Das geht aus einer Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm hervor.

34-jähriger Monteur wird nach Befunderhebungsfehler zum Pflegefall

Der Fall
Der 34-jährige Kläger hatte aufgrund plötzlich aufgetretener, heftiger Kopfschmerzen die Notaufnahme des beklagten Krankenhauses aufgesucht. Der Kläger wurde mit der Diagnose „Spannungskopfschmerz“ nach der Behandlung mit einem Schmerzmittel entlassen. Einige Tage später erlitt der Kläger weitere Subarachnoidalblutungen, die dazu führten, dass er zu einem schweren Pflegefall wurde. Der Kläger kann nicht mehr gehen, nur noch auf niedrigem Niveau kommunizieren und lediglich breiige Nahrung zu sich nehmen. Der Kläger zog vor Gericht und verklagte die Klinik wegen eines ärztlichen Behandlungsfehlers auf Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 200.000 € Schmerzensgeld und den Ersatz materieller Schäden von über 45.000 €. Darüber hinaus beantragte er die Feststellung der Ersatzpflicht der Klinik für weitere Schäden.

Die Entscheidung
Das Gericht bestätigte die Schadenersatzpflicht des beklagten Krankenhauses dem Grunde nach. Die medizinische Behandlung durch die Ärzte der beklagten Klinik sei fehlerhaft gewesen, weil eine notwendige Befunderhebung in Richtung auf eine Subarachnoidalblutung in Form einer Warnblutung unterblieben sei. Im Falle einer ausreichenden Befunderhebung wäre die Blutung entdeckt worden und hätte zu dieser Zeit mit großen Heilungschancen behandelt werden können. Die später aufgetretene große Blutung wäre vermieden worden. Davon sei aufgrund einer dem Kläger zugutekommenden Beweislastumkehr auszugehen. Da die Umstände, nach denen sich die Höhe des Schmerzensgeldes und der Umfang des materiellen Schadens bemessen, noch aufzuklären seien, sei die beklagte Klinik zunächst dem Grunde nach zum Schadenersatz zu verurteilen.

Fazit
Ein einfacher Befunderhebungsfehler kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) zu einer Beweislastumkehr hinsichtlich der Ursächlichkeit des Behandlungsfehlers für den eingetretenen Gesundheitsschaden führen, wenn sich bei der gebotenen Abklärung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein reaktionspflichtiges positives Ergebnis gezeigt hätte und sich die Verkennung dieses Befundes als fundamental oder die Nichtreaktion hierauf als grob fehlerhaft darstellen würde (BGH, Urteil vom 13.09.2011, Az.: VI ZR 144/10) vorangestellt). Die Bundesrichter haben mit dieser Entscheidung die Patientenrechte im Arzthaftungsprozess enorm gestärkt. Gelingt dem Patienten der Beweis, dass eine Befunderhebung unterlassen wurde, ein entsprechender Befund aber entscheidende Ergebnisse geliefert hätte, so wird vermutet, dass die Gesundheitsschäden beim Patienten mit dem Befund nicht eingetreten wären. Im Einzelnen setzte eine solche Beweislastumkehr im Falle eines Befunderhebungsfehlers setzt das Vorliegen folgender Gesichtspunkte voraus:

1. einfacher Befunderhebungsfehler

2. Befunderhebung hätte Befund ergeben

3. Befund hätte zu weiteren Untersuchungen verpflichtet

4. Nichterkennen des Befundes oder Nichtreaktion auf Befund wäre als grob fehlerhaft einzuschätzen gewesen