Das Sozialgericht (SG) Mainz hat der Klage einer Kinderkrankenschwester auf Anerkennung und Entschädigung der Folgen einer Impfung gegen Schweinegrippe als Arbeitsunfall stattgegeben. Danach hat ein Arbeitnehmer, der sich aufgrund einer dringenden Empfehlung des Arbeitgebers einer Impfung unterzieht, deren Folgen zu einer dauerhaften Gesundheitsschädigung führen, Anspruch auf Leistungen gegen die gesetzliche Unfallversicherung. Voraussetzung hierfür ist, dass er einem Personenkreis angehört, der als besonders gefährdet gilt. Kinderkrankenschwester klagt erfolgreich gegen Unfallkasse
Der Fall
Eine Arbeitnehmerin ist im Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin der Universitätsmedizin Mainz als Kinderkrankenschwester beschäftigt. Im Jahr 2009, als weltweit das sogenannte Schweinegrippevirus H1N1 grassierte, nahm sie an einer von der Klinik dringend empfohlenen Impfung gegen die Schweinegrippe teil, die in der Klinik durchgeführt wurde. In der Folgezeit erkrankte die Beschäftigte so schwer, dass sie mittlerweile eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bezieht. Nachdem die zuständige Unfallkasse die Anerkennung und Entschädigung der Schweinegrippenimpfung als Arbeitsunfall mit der Begründung abgelehnt hatte, dass die Impfung freiwillig gewesen sei und Maßnahmen der Gesundheitsvorsorge dem nicht versicherten persönlichen Lebensbereich zuzurechnen seien, zog die Kinderkrankenschwester vor Gericht.
Die Entscheidung
Mit Erfolg. Das Gericht entschied, dass die Unfallkasse die schwere Erkrankung der Klägerin infolge der Schweinegrippeimpfung als Arbeitsunfall anzuerkennen habe. Aufgrund der Tätigkeit der Klägerin als Kinderkrankenschwester habe ein erhöhtes Risiko bestanden, zumal die Schweinegrippe nach den Informationen des Robert-Koch-Instituts besonders Kinder und Jugendliche betroffen habe. Die ständige Impfkommission habe zudem eine Impfempfehlung gerade für Beschäftigte im Gesundheitsdienst ausgegeben, auf die sich die Universitätsmedizin Mainz beim Anbieten der Impfung auch berufen habe. Schließlich habe auch die Klinik aktiv für die Impfung geworben und diese ausdrücklich empfohlen. Unter diesen Umständen sei ein sachlicher Zusammenhang zwischen der Tätigkeit als Kinderkrankenschwester und der Impfung anzunehmen. Die Klinik habe ein Interesse daran gehabt, ihre Beschäftigten möglichst umfänglich zu impfen, um die Funktionsfähigkeit des Betriebes und die Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen (SG Mainz, Urteil vom 21.03.2013, Az.: S 10 U 48/11).
Fazit
Über die Frage der Anerkennung eines schädigenden Ereignisses als Arbeitsunfall entscheiden die jeweils zuständigen Berufsgenossenschaften und Unfallkassen. Gegen eine ablehnende Entscheidung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung Widerspruch erhoben werden. Wird der Widerspruch abgelehnt, so besteht die Möglichkeit der Klage vor dem zuständigen Sozialgericht. Bei einer solchen Klage ist anwaltliche Beratung und Vertretung zu empfehlen, weil die Rechtsmaterie komplex ist.
Wichtiger Hinweis
Ein Unfall ist nach § 8 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) ein von außen auf den menschlichen Körper einwirkendes, unfreiwilliges Ereignis, das zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führt. Die Voraussetzungen eines Arbeitsunfalls liegen vor, wenn ein Beschäftigter im Rahmen seiner versicherungspflichtigen Tätigkeit einen solchen Unfall erleidet.
So funktioniert der gesetzliche Unfallschutz
Die gesetzliche Unfallversicherung ist ein Zweig der Sozialversicherung und nach ihrer Ausrichtung eine Haftpflichtversicherung der Unternehmer zugunsten der Beschäftigten. Sie schützt in erster Linie vor den Folgen eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit.
Träger der gesetzlichen Unfallversicherung sind u. a.
– die Berufsgenossenschaften (BG) und
– die Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand, die im Bundesverband der Unfallkassen zusammengeschlossen sind.
Die Unfallkassen sind die Unfallversicherungsträger für die Angestellten des öffentlichen Dienstes, während die gewerblichen Berufsgenossenschaften die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung für die Unternehmen der deutschen Privatwirtschaft und deren Beschäftigte sind. Der gesetzliche Unfallschutz greift bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten. Liegen die Voraussetzungen eines solchen Versicherungsfalles im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB VII vor, kommen folgende Leistungen in Betracht:
– Heilbehandlung
– Verletztengeld
– Verletztenrente
– medizinische und berufliche Rehabilitation
– Pflegegeld
– Sterbegeld
– Hinterbliebenenrente
– Abfindungszahlungen
– Übergangsgeld
– Beihilfe
– häusliche Krankenpflege
– Haushaltshilfe
– Teilhabeleistungen
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