Übersehen Ärzte aufgrund einer unterbliebenen Zählkontrolle nach einer Operation, dass eine Nadel im Bauchraum der operierten Person zurückgeblieben ist, besteht laut einem Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Stuttgart ein Anspruch auf Schmerzensgeld. Eine Zählkontrolle der verwendeten Instrumente sei für Krankenhäuser Pflicht.

Vergessene OP-Nadel ist schuldhafter Behandlungsfehler

Der Fall
Eine Frau hatte sich im März 2014 einer urologischen Operation in einem Bundeswehrkrankenhaus unterzogen. Dabei verblieb eine 1,9 cm lange Nadel in ihrem Körper, was im Rahmen eines CT im April 2014 festgestellt wurde. Seitdem muss sie sich zur Kontrolle des Verbleibs der Nadel im Körper regelmäßig röntgenologisch untersuchen lassen und befürchtet Folgeschäden sowie gegebenenfalls eine weitere Operation zur Entfernung der Nadel. Vor diesem Hintergrund verklagte sie die Klinik auf Zahlung von Schmerzensgeld und Schadenersatz. Die behandelnden Ärzte hätten es schuldhaft unterlassen, nach der OP die angezeigte Zählkontrolle durchzuführen. Das Bundeswehrkrankenhaus lehnte Schadenersatzzahlungen ab. Eine Zählkontrolle, bei der sämtliche bereit gelegten Instrumente am Schluss auf ihre Vollständigkeit überprüft werden, sei hier nicht erforderlich gewesen.

Die Entscheidung
Das Gericht war anderer Meinung. Das Zurücklassen der Nadel im Bauchraum sei ein schuldhafter Behandlungsfehler, der der Klinik zur Last falle. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs müssten Ärzte alle möglichen und zumutbaren Sicherungsvorkehrungen gegen das unbeabsichtigte Zurücklassen eines Fremdkörpers im Operationsgebiet treffen und sämtliche Instrumente nach einer OP auf ihre Vollständigkeit überprüfen. Zur Zählkontrolle und Vermeidung unbeabsichtigt im Operationsgebiet zurückgelassener Fremdkörper habe das Aktionsbündnis Patientensicherheit bereits 2010 Handlungsempfehlungen veröffentlicht. Da diese Handlungsempfehlungen auf Grundlage eines Beschlusses des deutschen Bundestages durch das Bundesgesundheitsministerium gefördert worden seien, sei es befremdlich, dass die Bundesrepublik Deutschland als Trägerin der Bundeswehrkrankenhauses meint, sie selbst sei vier Jahre nach Veröffentlichung dieser Empfehlungen nicht zu Zählkontrollen bei Operationen verpflichtet. 

Das unbemerkte Zurücklassen der Nadel habe bei der Patientin zu einem Schaden geführt. Dabei sei sie nicht nur durch die regelmäßigen Lagekontrollen der Nadel, sondern auch durch das Wissen um die Nadel im Körper und die Ungewissheit über die Erforderlichkeit einer Operation zu deren Entfernung belastet. Ein Schmerzensgeld in Höhe von 10.000 € sei angemessen und ausreichend. Außerdem müsse die Klinik ihr den bisherigen materiellen Schäden in Höhe von rund 2.000 € erstatten. Im Übrigen sei der Krankenhausträger verpflichtet, der Klägerin alle weiteren materiellen und nicht vorhersehbaren immateriellen Schäden aus dem Behandlungsfehler zu ersetzen (OLG Stuttgart, Urteil vom 20.12.2018, Az.: 1 U 145/17).

Fazit
Die Quintessenz dieser Entscheidung lautet, dass die Krankenhäuser verpflichtet sind, eine Zählkontrolle hinsichtlich der bei einer OP verwendeten Instrumente durchzuführen. So weit, so gut.

Eine weitere Erkenntnis lautet aber, dass bei jeder Behandlung Fehler passieren können, die man sich eigentlich gar nicht vorstellen kann. Doch Fehler passieren täglich und sind nur allzu menschlich. Daher muss jeder Arzt sich absichern. 

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