Tödliche Hausgeburt: Verantwortungslose Hebamme muss ins Gefängnis

Eine Hebamme und Ärztin muss aufgrund einer risikoreichen und für das Kind tödlich verlaufenden Hausgeburt ins Gefängnis. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat jüngst ihre Verurteilung wegen Totschlags durch Unterlassen bestätigt. Trotz eines Geburtsstillstands bei Beckenendlage des Kindes hatte die Hebamme die erforderliche zeitnahe Verlegung in ein Krankenhaus abgelehnt. 

6 Jahre und 9 Monate – BGH bestätigt Freiheitsstrafe für Totschlag durch Unterlassen 

Der Fall
Eine Hebamme und approbierte Ärztin hatte 2008 die Betreuung einer Schwangeren übernommen, bei der eine Beckenendlage des Kindes festgestellt worden war. Wegen der bei dieser Kindslage deutlich häufiger auftretenden Komplikationen und der gegebenenfalls eintretenden Erforderlichkeit eines Notkaiserschnitts soll nach den berufsrechtlichen Vorschriften der Hebammen und den Leitlinien zur außerklinischen Geburtshilfe in einem solchen Fall die Geburt nur unter klinischen Bedingungen erfolgen. Obwohl die Hebamme dies wusste, riet sie den aus dem Ausland angereisten Eltern – die der Hebamme deutlich gemacht hatten, trotz der gewünschten außerklinischen Geburt kein Risiko für das Kind eingehen zu wollen und bei Komplikationen auch mit einem Kaiserschnitt einverstanden zu sein – aufgrund des von ihr verfolgten Entbindungskonzepts einer „natürlichen Geburt“ unter Verharmlosung der Geburtsrisiken uneingeschränkt zu einer Hausgeburt. Diese erfolgte schließlich in einem Hotelzimmer in der Nähe der Praxis der Angeklagten.

Obwohl die Hebamme von der Kindsmutter eine Stunde nach dem Fruchtblasensprung vom Beginn der Geburt benachrichtigt worden war, suchte sie die Eltern erst auf, als die Wehen bereits fast zwölf Stunden angedauert hatten. Als sich die Geburt auch nach dem Eintreffen der Hebamme weiterhin verzögerte und es zum Geburtsstillstand kam, weshalb sich die Gefahr einer lebensgefährlichen Sauerstoffmangelversorgung des Kindes stetig vergrößerte, veranlasste die Hebamme in Kenntnis der Gefahr für das Leben des Kindes nicht die Beendigung der außerklinischen Geburt und die Verlegung in ein nahe gelegenes Krankenhaus. Das Kind wurde nach insgesamt 18-stündigem Geburtsvorgang schließlich aufgrund Sauerstoffmangels unter der Geburt sterbend geboren und verstarb kurz nach der Geburt.

Hätte die Hebamme noch bis vier Stunden vor der Geburt die Verlegung der Kindsmutter in ein Krankenhaus veranlasst, wäre das Kind durch einen Kaiserschnitt lebend und gesund geboren worden. Selbst wenn eine solche Maßnahme erst eineinhalb Stunden vor der Geburt ergriffen worden wäre, hätte das Leben des Kindes noch gerettet werden können. All dies war der Hebamme bewusst.

Die Entscheidung
Das Landgericht (LG) Dortmund hatte die Hebamme wegen Totschlags durch Unterlassen zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und neun Monaten verurteilt. Darüber hinaus hatte es ein lebenslanges Berufsverbot als Ärztin und Hebamme verhängt. Die Angeklagte habe nicht nur berufsrechtliche Regeln missachtet, sondern auch wissenschaftliche Risiken negiert. Ihre Arbeitsweise sei unverantwortlich. Der BGH hat jetzt die Revision der Hebamme als unbegründet verworfen. Damit ist das Urteil des LG Dortmund rechtskräftig (BGH, Beschluss vom 11.05.2016, Az.: 4 StR 428/15).

Fazit
Das LG Dortmund und der BGH gingen in diesem Fall davon aus, dass die Hebamme und Ärztin den Tod des Babys billigend in Kauf genommen hat. Damit liegt nach Auffassung beider Gerichte der zur Verwirklichung des Totschlag-Tatbestandes erforderliche (bedingte) Vorsatz vor, sodass eine Verurteilung wegen Totschlags erfolgen konnte und nicht wegen fahrlässiger Tötung. Nach dem nun rechtskräftigen Dortmunder Urteil muss die Hebamme darüber hinaus Schadenersatz- und Schmerzensgeldzahlungen an die Eltern leisten.