Für eine nach einer Sterilisation eingetretene, ungewollte Schwangerschaft haftet das behandelnde Krankenhaus nicht, wenn die Patientin zuvor über eine verbleibende Versagerquote zutreffend informiert worden ist. Dazu genügt ein mündlicher Hinweis, entschied das Oberlandesgericht (OLG) Hamm.

Auch sterilisierte Frauen können schwanger werden

Der Fall
Eine Frau hatte sich nach der Geburt ihres zweiten Kindes in einem Krankenhaus sterilisieren lassen. Rund drei Jahre nach dem Eingriff wurde sie schwanger und brachte ein Kind zur Welt. Sie zog deshalb vor Gericht und verklagte die Klinik auf Zahlung von Schmerzensgeld in Höhe von 10.000 €, sowie einen monatlichen Unterhalt in Höhe von 300 € für ihr drittes Kind. 

Die Entscheidung
Das Gericht wies die Klage ab. Ein Behandlungsfehler liege nicht vor. Insbesondere sei keine falsche Operationsmethode gewählt worden. Ein für die Schwangerschaft kausaler Behandlungsfehler durch einen fehlerhaft unterlassenen oder unzureichenden Verschluss eines Eileiters könne die Klägerin nicht beweisen. Zudem habe der behandelnde Arzt nach Überzeugung des Gerichtes mündlich darauf hingewiesen, dass selbst bei einem fachgerecht durchgeführten Eingriff eine Versagerquote von 4 in 1000 Fällen bestehe. Für die gebotene therapeutische Aufklärung sei das ausreichend. Die Patientin wisse dann, dass das Risiko einer Schwangerschaft in dem genannten Promillebereich fortbestehe und sie gegebenenfalls weitere Verhütungsmaßnahmen ergreifen müsse, wenn sie einen einhundertprozentigen Sicherheitsstandard anstrebe (OLG Hamm, Urteil vom 17.06.2014, Az.: 26 U 112/13).

Wichtiger Hinweis
Als therapeutische Aufklärung (Sicherheitsaufklärung) wird die Aufklärung über das therapiegerechte eigene Verhalten des Patienten bezeichnet. Sie ist in § 630c Abs. 2 BGB gesetzlich geregelt. Danach müssen behandelnde Ärzte ihre Patienten in verständlicher Form zu Beginn der Behandlung und – falls erforderlich – in deren Verlauf über alle für die Behandlung wesentlichen Umstände unterrichten. Dazu zählen insbesondere die Diagnose, die voraussichtliche gesundheitliche Entwicklung, die Therapie und die zu und nach der Therapie zu ergreifenden Maßnahmen. Darunter fallen auch Hinweise auf etwaige Unverträglichkeitsrisiken, eine eventuell nicht sichere Wirkung des Eingriffs (z. B. eben bei einer Sterilisation) oder auf eine aus ärztlicher Sicht anzuratende Änderung der Lebensführung. Die Sicherungsaufklärung soll dem Patienten ein gesundheitsförderndes, eigenes Verhalten ermöglichen und ihn vor den Folgen ungesunden Verhaltens warnen. Sie ist eine therapeutische Pflicht, deren Versäumnis oder Verletzung die Voraussetzungen eines groben Behandlungsfehlers erfüllt.

Aufklärungsmodalitäten müssen feststehen
Die Klinikleitung und die Chefärzte sind dafür verantwortlich, durch Anleitung, geeignete Richtlinien und Kontrollen dafür zu sorgen, dass die ärztlichen Aufklärungspflichten eingehalten werden. Es darf nicht den Ärzten überlassen sein, wann und wie sie die Patienten aufklären. Die Klinikverantwortlichen müssen die Art und Weise der Aufklärung definieren und darauf hinweisen, dass

  • die Aufklärung rechtzeitig und patientenbezogen stattzufinden hat,
  • Aufklärungsformulare nur als Merkblatt zur Vorbereitung oder Ergänzung des Aufklärungsgesprächs dienen und
  • auf besondere Risiken hinzuweisen ist und dies handschriftlich dokumentiert werden muss.