Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm hat ein Krankenhaus und den behandelnden Chefarzt aufgrund eines Behandlungsfehlers zur Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 50.000 € verurteilt. Der Mediziner hatte es versäumt, rechtzeitig einen Neurologen zur Beurteilung der Bildgebung einer Computertomographie hinzuzuziehen. Als Folge dieses Versäumnisses wurde bei einer Patientin ein Hirnstamminfarkt zu spät erkannt, wodurch es zu schwerwiegenden Lähmungen kam (Locked-in-Syndrom), in deren Folge sie Monate später verstarb.
Der Fall
Die 1934 geborene Patientin war seit vielen Jahren wegen Herzerkrankungen mehrfach stationär behandelt worden, unter anderem im beklagten Krankenhaus in der Abteilung des ebenfalls beklagten Chefarztes. Nun wurde sie mit einer Halbseitenlähmung als Notfall in der Klinik eingeliefert. Sie war zu diesem Zeitpunkt bewusstlos und erlitt kurz darauf einen Krampfanfall. Am Tag der Aufnahme veranlassten die behandelnden Ärzte eine native Computertomographie, deren Bildgebung ohne Hinzuziehen eines Neurologen beurteilt wurde.
Bei den in den Tagen darauf abgehaltenen neurologischen Beratungen zeigte die Patientin das Bild eines Locked-in-Sydroms als Folge eines – anfangs nicht erkannten – massiven Hirnstamminfarkts. Die Patientin war wach, konnte hören, sehen und riechen, sich aber bis auf Augenbewegungen nicht bewegen. Dieser Zustand änderte sich bis zum Tod der Patientin nicht mehr. Der Sohn und Erbe der verstorbenen Patientin verklagte die Klinik und den behandelnden Chefarzt wegen eines groben Behandlungsfehlers auf Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 50.000 €.
Die Entscheidung
Das Gericht gab der Klage statt. Die behandelnden Ärzte hätten es behandlungsfehlerhaft versäumt, noch am Aufnahmetag einen Neurologen zur Beurteilung der Bildgebung der nativen Computertomographie hinzuzuziehen. Ein Neurologe hätte den massiven Hirnstamminfarkt der Patientin erkennen und dessen rechtzeitige Behandlung innerhalb des noch geöffneten Zwölf-Stunden-Zeitfensters veranlassen müssen. Sei dies unterblieben, so liege ein grober Behandlungsfehler vor. Die versäumte Behandlung der Patientin sei – so die im Verfahren gehörten medizinischen Sachverständigen – geeignet gewesen, ihre schwerwiegenden Lähmungen (Locked-in-Syndrom) und ihren späteren Tod hervorzurufen. Das sei der beklagten Klinik und dem beklagten Chefarzt anzulasten, weil sie nicht bewiesen hätten, dass die Patientin bei rechtzeitiger richtiger Behandlung identische Beeinträchtigungen erlitten hätte.
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