Enthält ein internistischer Allgemeinarzt einem Patienten wesentliche Informationen vor und klärt ihn insbesondere nicht darüber auf, dass er einer Krebsrisikogruppe angehört und hierfür eine klare und eindeutige Empfehlung zur Koloskopie gilt, so ist dies als grober Behandlungsfehler zu werten. Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Köln entschieden und einen Internisten zur Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 150.000 € sowie weiterer Behandlungskosten in Höhe von rund 10.000 € verurteilt.

150.000 € Schmerzensgeld: Nachlässigkeit kommt Internisten teuer zu stehen

Der Fall
Ein zum damaligen Zeitpunkt 47-jähriger Patient hatte 2009 bei seinem Hausarzt, einem niedergelassenen Internisten und Allgemeinmediziner, eine allgemeine Gesundheitsüberprüfung mit Krebsvorsorge durchführen lassen. Im Rahmen der familiären Anamnese teilte er dem Mediziner mit, dass seine Mutter infolge einer Darmkrebserkrankung verstorben sei. Der Internist riet dennoch nicht zu einer Darmspiegelung. Eineinhalb Jahre später unterzog sich der Patient auf eigene Initiative einer Koloskopie in einem Universitätsklinikum. Dort wurde eine bereits fortgeschrittene Darmkrebserkrankung mit Metastasen in Leber und Lunge diagnostiziert. Mehrere Eingriffe und eine Teilentfernung der Leber, Lunge und Galle sowie die Durchführung von Chemotherapien wurden notwendig. Aus seiner Sicht

Die Entscheidung
Das Gericht bewertete das Verhalten des Internisten als groben Behandlungsfehler. Ein unterbliebener Hinweis auf eine für den Patienten indizierte Behandlung oder – wie hier – auf eine erforderliche diagnostische Abklärung sei ein Behandlungsfehler in Form einer unterbliebenen Sicherheitsaufklärung. Es gehöre zu den Behandlungspflichten eines Arztes, dem Patienten die notwendigen therapeutischen Sicherheitshinweise zu erteilen. Im Rahmen einer Vorsorgeuntersuchung müsse der behandelnde Arzt deshalb auf Maßnahmen hinweisen, die er selbst zwar nicht durchführen könne oder wolle, die jedoch nach ärztlichem Standard empfehlenswert oder erforderlich sind. Im Streitfall habe es dem fachärztlichen Standard entsprochen, auf eine Koloskopie hinzuweisen und die Risiken zu erläutern, falls diese unterbleibt. Der Patient müsse durch die Sicherheitsaufklärung ein klares Bild davon bekommen, was ihm droht, wenn er dem Hinweis nicht folge. Eine derartige therapeutische Aufklärung habe der Mediziner hier jedoch nicht geleistet. Nach seinem Vorbringen habe er den Patienten zwar darauf hingewiesen, dass eine Koloskopie sinnvoll sei. Aufgrund des familiär bedingten erhöhten Darmkrebsrisikos beim Patienten habe hier ein bloßer Hinweis nicht ausgereicht. Im Übrigen enthalte die Dokumentation des Mediziners keinerlei Hinweis darauf, dass eine Koloskopie Gegenstand der Erörterungen zwischen Arzt und Patient war (OLG Köln, Urteil vom 06.08.2014, Az.: 5 U 137/13).

Wichtiger Hinweis
Sowohl die Empfehlung zur Koloskopie als auch deren Ablehnung durch den Patienten ist aus medizinischer Sicht dokumentationspflichtig. Diese Information ist vor allem für potenzielle Nachbehandler wichtig, damit diese gegebenenfalls wissen, ob sie das Thema noch einmal ansprechen müssen. Eine Koloskopie, die negativ ausfällt, muss erst nach zehn Jahren wiederholt werden. Ein negativer Hämokulttest hingegen jedes Jahr. Enthält eine Krankenakte keinerlei Hinweise darauf, dass eine Darmspiegelung im Gespräch zwischen Arzt und Patient thematisiert wurde, so wird nach allgemeiner Ansicht unterstellt, dass die nicht dokumentierte Maßnahme auch nicht stattgefunden hat.