Eine in einem Kniegelenk durchgeführte Umstellungsosteotomie ist weder behandlungsfehlerhaft noch ohne ausreichende ärztliche Aufklärung durchgeführt worden, weil dem Patienten keine Operation mit einer Schlittenprothese empfohlen wurde. Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm entschieden und somit die Schadenersatzklage eines Patienten abgewiesen.

Kein Behandlungs- oder Aufklärungsfehler: Gericht verneint Arzthaftung nach Knie-OP

Der Fall
Der unter schmerzhaften Kniebeschwerden leidende 52jährige Kläger hatte in einem Krankenhaus eine Umstellungsosteotomie durchführen lassen. Nach der Operation litt er weiterhin unter schmerzhaften Beeinträchtigungen des Kniegelenks, sodass er das Gelenk anderweitig erneut operativ behandeln ließ. Er war der Meinung, dass die erste Operation behandlungsfehlerhaft ohne Überkorrektur und ohne ausreichende Aufklärung ausgeführt worden sei. Statt der Umstellungsosteotomie hätte eine Operation mit einer Schlittenprothese durchgeführt werden müssen. Mit dieser Begründung verklagte er das Krankenhaus und den operierenden Arzt auf Zahlung von Schadenersatz und Schmerzensgeld in Höhe 25.000 €.

Die Entscheidung
Die Klage hatte keinen Erfolg. Eine behandlungsfehlerhafte oder ohne ausreichende Einwilligung des Klägers durchgeführte Operation liege nicht vor, so das Gericht. Dass die Umstellungsoperation beim Kläger mit dem Ziel der Neutralstellung und nicht mit dem Ziel einer Überkorrektur der zuvor vorhandenen Fehlstellung vorgenommen worden sei, liege nach den Ausführungen des medizinischen Sachverständigen im Bereich einer fachgerechten Behandlung. Der Kläger habe vor der Operation einer Umstellungsosteotomie und nicht einer Operation mit einer Schlittenprothese zugestimmt. Das habe die durchgeführte Beweisaufnahme ergeben. Dafür sprächen schriftliche Unterlagen, u. a. ein seinerzeit vom Kläger unterzeichneter Aufklärungsbogen. Über die Risiken einer Umstellungsosteotomie und die alternativ mögliche Operation mit einer Schlittenprothese sei der Kläger ausreichend aufgeklärt worden. Auch dies ergebe sich aus dem Ergebnis der Beweisaufnahme. Zu einer Operation mit Schlittenprothese habe dem Kläger nicht geraten werden müssen. Nach den Ausführungen des Sachverständigen sei er insoweit zu jung gewesen. Prothesen seien bei jüngeren Patienten einer stärkeren Belastung ausgesetzt, sodass sie sich eher lockerten und dann auszutauschen seien. Dies führe zu einem immer größeren Eingriff in den natürlichen Knochen und das Gewebe und berge die Gefahr von Entzündungen. Bei Patienten im Alter des Klägers sei deswegen noch ein gelenkerhaltender Eingriff zu bevorzugen.

Fazit
Aus einer fachgerechten medizinischen Behandlung kann kein Schadenersatz- bzw. Schmerzensgeldanspruch erwachsen.

Wichtiger Hinweis
Unter einer Umstellungs- oder Korrekturosteotomie versteht man bei Vorhandensein von Fehlstellungen verschiedener Gelenke, das Lösen einer oder mehrerer Knochenverbindungen voneinander, die Korrektur der abweichenden Achsen und das erneute Zusammenführen der Knochenverbindungen. Ursachen für Behandlungsfehler können vielfältig sein Jeder Patient hat Anspruch auf eine medizinische Behandlung, die dem jeweils aktuellen Stand der Medizin nach gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnissen entspricht. Führt ein Arzt eine medizinische Behandlung nicht angemessen, sorgfältig, richtig oder zeitgerecht durch, liegt ein Behandlungsfehler vor. Das Thema Behandlungsfehler beschäftigt regelmäßig die Gerichte. Die Medizinischen Dienste der Krankenversicherung (MDK) haben bei einer Erfassung insgesamt 12.483 Gutachten zu vermuteten Behandlungsfehlern erfasst. Dabei wurde in 31,5 Prozent der Fälle ein Behandlungsfehler bestätigt. Aufgrund der Tatsache, dass kein zentrales Meldesystem für Behandlungsfehler existiert, divergieren die veröffentlichten Zahlen stark. Das Bundesministerium für Gesundheit schätzt die Zahl der Behandlungsfehler auf 40.000 bis 170.000 im Jahr.

Ein medizinischer Behandlungsfehler kann sämtliche Bereiche ärztlicher Tätigkeit betreffen. Der Fehler kann sich auf organisatorische Fragen beziehen oder rein medizinischen Charakters sein. Auch die fehlende oder unrichtige, unverständliche oder unvollständige Aufklärung über medizinische Eingriffe und ihre Risiken, sowie Dokumentationsmängel gehören dazu. Neben der Diagnosestellung sowie den diagnostischen und therapeutischen Eingriffen sind auch Therapiemanagement, Aufklärung und pflegerische Maßnahmen potenzielle Fehlerquellen.