Online-Bewertungsportale wie das Ärztebewertungsportal „Jameda“ müssen die Einschätzungen und Kommentare ihrer Nutzer künftig sorgfältiger überprüfen und konkrete Nachweise zum Wahrheitsgehalt liefern können. Das geht aus einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) hervor. Die Karlsruher Bundesrichter entschieden, dass Online-Portale auf Verlangen z. B. stichhaltige Belege dafür liefern müssen, ob ein Nutzer tatsächlich in der Praxis eines dort bewerteten Arztes war.

Bundesrichter konkretisieren Betreiberpflichten bei Ärztebewertungsportal

Der Fall
Ein Zahnarzt hatte im Jahr 2013 beim Ärztebewertungsportal „Jameda“ eine extrem schlechte Bewertung erhalten. Der vermeintliche Patient hatte für die Kategorien „Behandlung, Aufklärung und Vertrauensverhältnis“ dreimal die Note sechs vergeben und dem Mediziner damit eine Durchschnittsnote von 4,8 verpasst. Der Zahnarzt bat den Portalbetreiber „Jameda“ um rechtliche Überprüfung des Sachverhalts sowie Löschung des Artikels. Die Bewertung wurde zunächst tatsächlich von dem Portal entfernt, dann jedoch – unter Verweis auf die Überprüfung des Sachverhalts – wieder eingestellt. Damit war der Zahnarzt nicht einverstanden und forderte den Portalbetreiber auf, ihm zumindest einen Beweis dafür zu liefern, dass der besagte Nutzer überhaupt bei ihm in der Praxis war. Darüber hinaus beantragte er, „Jameda“ zu verpflichten, es zu unterlassen, die dargestellte Bewertung zu verbreiten oder verbreiten zu lassen.

Die Entscheidung
Der BGH betonte zunächst, dass der Betrieb eines Bewertungsportals im Vergleich zu anderen Portalen ein gesteigertes Risiko von Persönlichkeitsverletzungen in sich trägt und diese Gefahr durch die Möglichkeit der anonymen Bewertung verstärkt wird, weil der Arzt nicht unmittelbar gegen den bewertenden Nutzer vorgehen kann. Diesen Umstand nahmen die Bundesrichter zum Anlass, die Prüfpflichten des Bewertungsportals zu verschärfen. Das Bewertungsportal müsse die Beanstandung des Arztes an den Bewertenden übersenden und diesen auffordern, den angeblichen Behandlungskontakt konkret zu beschreiben und mit entsprechenden Unterlagen, wie z. B. Bonusheften, Rezepten oder anderen Indizien, zu belegen. Sofern es sich nicht um personenbezogene Daten handelt, ist der Portalbetreiber darüber hinaus auch verpflichtet, die von dem Bewertenden übersandten Unterlagen dem Arzt zur weiteren Stellungnahme weiterzuleiten (BGH, Urteil vom 01.03.2016, Az.: VI ZR 34/15).

Fazit
Eine – nicht nur für Mediziner – begrüßenswerte Entscheidung, die der immer stärker grassierenden Unart ungeprüfter anonymer Negativbewertungen auf Internetportalen Grenzen setzt und somit die Rechte derer stärkt, die durch die negativen Kommentare in ihrem Persönlichkeitsrecht betroffen sind. 

Wichtiger Hinweis
Mediziner müssen keine Rufschädigungen hinnehmen. Gegen unwahre Tatsachenbehauptungen, unzutreffende Angaben oder sogenannte Schmähkritik können sie sich mit einer Unterlassungsklage zur Wehr setzen. In Betracht kommt ein Anspruch auf Entfernung des Kommentars gegen den Betreiber des Portals. Der betroffene Mediziner kann und sollte sich zunächst an den Portalbetreiber wenden und ihn darauf aufmerksam machen, dass eine Bewertung unwahre Tatsachenbehauptungen enthält. Dieser ist dann verpflichtet, die Vorwürfe zu prüfen und den Beitrag gegebenenfalls zu löschen.