Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Verurteilung eines Schönheitschirurgen wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten bestätigt. Der Mediziner wurde dafür bestraft, dass er in seiner Praxis ohne die erforderliche Aufklärung und ohne die notwendige Hinzuziehung eines Anästhesisten bei einer Patientin eine Schönheitsoperation durchführte, an deren Folge sie letztlich verstarb.

Verantwortungsloser Mediziner verzichtet auf OP-Begleitung durch Anästhesisten

Der Fall
Ein als Unfallchirurg habilitierter Mediziner arbeitete in seiner eigenen chirurgischen Tagesklinik. 2006 führte er bei einer 49-jährigen Patientin eine Bauchstraffung durch. Ohne die Patientin vorab darüber informiert zu haben, zog der Mediziner zu dem mehrstündigen Eingriff keinen Anästhesisten hinzu. Gegen Ende der Operation erlitt die Patientin einen Herzstillstand. Zwar konnte der Arzt die Frau wiederbeleben, wies sie aber erst nach mehreren Stunden in noch bewusstlosem Zustand in eine Klinik ein, wo sie kurz darauf verstarb. Die Einwilligung der Patientin in die OP war unwirksam, weil der Mediziner sie über die Anwesenheit eines Anästhesisten getäuscht hatte. Rechtlich ist die OP deshalb als Körperverletzung mit Todesfolge zu bewerten. Umstritten war, ob dem Arzt zudem auch versuchter Totschlag oder gar versuchter Mord durch Unterlassen vorgeworfen werden kann.

Die Entscheidung
Zunächst verurteilte das zuständige Landgericht (LG) Berlin den Schönheitschirurgen wegen Körperverletzung mit Todesfolge in Tateinheit mit versuchtem Totschlag zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten und verhängte ein vierjähriges Berufsverbot. Nachdem sowohl der Angeklagte als auch die Staatsanwaltschaft Revision einlegten, hob der BGH das Urteil auf und verwies es an das LG Berlin zurück. 

In seiner zweiten Entscheidung verurteilte das LG den angeklagten Chirurgen wegen Körperverletzung mit Todesfolge in Tateinheit mit versuchtem Mord (durch Unterlassen) zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten und verhängte ein fünfjähriges Berufsverbot für die Tätigkeit als Arzt für Humanmedizin. Auch dieses Urteil hob der BGH auf und änderte den Schuldspruch dahingehend, dass der Angeklagte allein der Körperverletzung mit Todesfolge schuldig ist. Die Bundesrichter verwiesen die Sache erneut an das LG Berlin zurück, um die Sache neu zu verhandeln und über die Strafe und ein Berufsverbot zu entscheiden. Schließlich verurteilten die Strafrichter den Schönheitschirurgen zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten und sprachen darüber hinaus ein vierjähriges Berufsverbot aus. D. h. der Mediziner darf für die Dauer von vier Jahren nicht die Tätigkeit eines niedergelassenen Chirurgen, Sportmediziners oder Arztes im Rettungsdienst ausüben (BGH, Beschluss vom 10.03.2014, Az.: 5 StR 51/14).

Fazit
Straftaten, die in der spezifischen Tätigkeit als Arzt ihren Ursprung haben, fallen unter den Begriff des Arztstrafrechts. Straftaten, die nur von Ärzten begangen werden können, kennt das Strafgesetzbuch (StGB) dabei nicht. Bei einer missglückten Behandlung oder einer fehlerhaften Operation droht Ärzten jedoch häufig der Vorwurf der fahrlässigen oder vorsätzlichen Körperverletzung oder im schlimmsten Falle des Totschlags.

Wichtiger Hinweis
Der stetige Fortschritt und Wandel in der medizinischen Forschung ermöglicht immer kompliziertere Behandlungen und Eingriffe. Eine der Kehrseiten dieser Entwicklung ist, dass die zunehmende Komplexität ärztlichen Handelns zwangsläufig zu einer Zunahme bei den Behandlungsfehlern führt. Mit anderen Worten: Je höher der medizinische Standard, desto größer das Haftungs- und Strafbarkeitsrisiko des Arztes. Bereits der Umstand eines laufenden strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens kann existenzgefährdend oder existenzvernichtend für einen beschuldigten Arzt sein. Betroffene Mediziner sollten deshalb rechtzeitig professionelle Unterstützung in Anspruch nehmen und einen Fachanwalt für Strafrecht zu Rate ziehen.