Laut einem Beschluss des Oberlandesgerichts (OLG) Koblenz müssen psychische Einflussfaktoren, die eine Relevanz für das Krankheitsbild eines Patienten besitzen, grundsätzlich im Arztbrief auftauchen. Ein Anspruch des Patienten auf Änderung des Inhalts des Entlassungsberichts bestehe insoweit nicht.

Kein Anspruch des Patienten auf Änderung eines Befundes im Entlassungsbericht

Der Fall
Eine 1972 geborene Patientin wurde vom 23.11.2015 bis 18.12.2015 wegen Wirbelsäulenbeschwerden in einer Schmerzklinik teilstationär behandelt. Dem vorausgegangen waren Operationen und konservative Behandlungen u.a. in der Wirbelsäulenchirurgie der Klinik. In dem auf den 13.01.2016 datierenden Entlassungsbericht ist u.a. die Diagnose einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung (F.60.8) aufgeführt. Nachdem die Patientin die behandelnde Ärztin aufgefordert hatte, den Bericht zu ändern, fertigte diese unter dem 26.09.2016 einen Entlassungsbericht an, der den psychologischen Befund aussparte und mit „Geänderte Fassung des Entlassungsbriefes vom 13.01.16 unter Aussparung des psychologischen Berichtes und der entsprechenden Diagnosen“ überschrieben war.

Damit war die Patientin nicht einverstanden. Sie zog vor Gericht und klagte auf Änderung des Arztbriefes. Der psychologische Befundbericht entspreche nicht den Regeln der ärztlichen Kunst und die Diagnose einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung sei falsch. Der Bericht, auch der Hinweis auf den ausgesparten psychologischen Befundbericht, verletze ihr Persönlichkeitsrecht. Außerdem sei sie in ihrem Recht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt. Der Bericht sei massiv diffamierend und die Diagnose der narzisstischen Persönlichkeitsstörung sei für sie als Schmerzpatientin vernichtend.

Die Entscheidung 
Die Koblenzer Richter waren anderer Auffassung und wiesen die Klage ab. Die Patientin könne nicht verlangen, dass der Hinweis auf den geänderten Bericht und die Aussparung des psychologischen Befundes sowie der Diagnose entfernt werde. Die Ärztin sei durch das Ausstellen des Arztbriefes ohne die konkrete Diagnose ihrer Verpflichtung in ausreichendem Maße nachgekommen.

Der Arztbericht diene dazu, die durchgeführten Befunderhebungen und Behandlungsmaßnahmen sowie ihre Auswirkungen zu dokumentieren und so etwaigen Nachbehandlern mitzuteilen, wie und mit welchem Ergebnis ein Patient behandelt worden sei. Auf dieser Grundlage könnten Nachbehandler einschätzen, welch weiterer Behandlungsbedarf gegeben sei und ob beispielsweise konservative Maßnahmen bereits ausgeschöpft worden seien. Ein Arztbrief ohne den Hinweis auf einen psychischen Befund sei deshalb irreführend und verzerrend. 

Die Patientin könne sich auch nicht darauf berufen, die Diagnose sei geeignet, negative Reaktionen bei Ärzten hervorzurufen. Der sehr ausführliche Entlassungsbericht vom 13.01.2016 gebe in sachlicher Weise die psychische Diagnose und die angewandten Untersuchungsmethoden sowie deren Bewertungen wieder. Entgegen der Auffassung der Patientin erwecke der Bericht an keiner Stelle den Eindruck, sie bilde sich ihre Schmerzen ein.    

                                                                                                                                      OLG Koblenz, Beschluss vom 08.01.2018, Az.: 5 U 1184/17

Fazit
Patienten haben keinen Anspruch darauf, dass ein Befund in einem ärztlichen Entlassungsbericht ausgelassen, geändert oder entfernt wird.

Zwangsvollstreckung ausgeschlossen: Ärzte können nicht zum Widerruf gezwungen werden

Ein solcher Anspruch folgt übrigens auch nicht aus der Behauptung des Patienten, dass es sich im Arztbrief um eine unzutreffende psychologische Diagnose handele. Denn Wertungen und Meinungsäußerungen sind einem Widerruf grundsätzlich nicht zugänglich. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann und soll niemand im Wege der Zwangsvollstreckung gezwungen werden, eine Überzeugung aufzugeben oder eine Würdigung zurückzunehmen (BGH, Urteil vom 03.05.1988, Az.: VI ZR 276/87). Der Schluss, den ein Arzt aus seinen Beobachtungen ziehe, sei eine Bewertung, keine Tatsache. Der Arzt gebe damit kund, was nach seiner Meinung als medizinische Ursache der Beschwerden des Patienten infrage komme. Eine solche Beurteilung möge angezweifelt werden und könne sich als irrig erweisen. Der Arzt könne jedoch grundsätzlich nicht gezwungen werden, sie zu widerrufen.

Diese Gesichtspunkte müssen im Arztbrief Eingang finden
Der Arztbrief (auch „ärztlicher Entlassungsbericht“, „Arztbericht“ oder „Epikrise“ genannt) hat einen hohen Stellenwert, weil er ein bedeutendes Informations- und Kommunikationsmittel zwischen Krankenhausärzten und niedergelassenen Ärzten ist. Schließlich erfordert jede fachärztliche Behandlung in der Klinik einen Bericht an den Hausarzt und andere weiterbehandelnde Ärzte. Mit dem Arztbrief teilt ein Arzt einem anderen Arzt die von ihm und/oder Dritten erhobenen Befunde, erstellten Diagnosen sowie die für die weiterführende Diagnostik oder Weiterbehandlung erforderlichen Informationen mit. Inhalt und Umfang des Arztbriefes hängen von den jeweiligen Umständen des Einzelfalles ab, d. h. von den individuellen Gegebenheiten der Erstellung und den jeweiligen Teilen der Behandlung, die der den Bericht verfassende Arzt übernommen hat. Insbesondere für den stationären Bereich sind nach dem medizinischen Standard nachstehende Punkte aufzuführen:

  • Anamnese
  • Befunde (u. a. Labor, bildgebende Verfahren, Histologie)
  • Diagnose (Haupt- und Nebendiagnosen sowie Verdachtsdiagnosen) 
  • Therapie (insbesondere operative Eingriffe)
  • Klinischer Verlauf (insbesondere mit späteren Befunden)
  • Besonderheiten und Komplikationen 
  • Entlassungsuntersuchung
  • Therapievorschlag einschließlich Medikationen (mit Dosierungen) 
  • erforderliche nachstationäre Untersuchungen oder Weiterbehandlungen