Jobsharing – So bekommen Ärzte eine Zulassung in gesperrten Gebieten

Ärzte und Psychotherapeuten, die in gesperrten Planungsbereichen an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen möchten, stehen regelmäßig vor dem Problem, dass sie keinen geeigneten Praxissitz finden, den sie auf absehbare Zeit übernehmen können. Um dennoch in einem Gebiet mit einer festgestellten Überversorgung praktizieren zu können, nutzen immer mehr Ärzte und Psychotherapeuten die Möglichkeit der Jobsharing-Zulassung oder Jobsharing-Anstellung.

Grundlagen zum Jobsharing-Modell

Jeder Praxisinhaber, der in einem für Neuzulassungen gesperrten Gebiet tätig ist, kann sich für die Bildung einer Jobsharing-Gemeinschaftspraxis oder die Anstellung eines Arztes im Rahmen von Jobsharing entscheiden. Jobsharing bedeutet, dass ein bereits zugelassener Vertragsarzt oder Psychotherapeut (auch „Senior“ genannt) seinen gebietsbezogenen Versorgungsauftrag mit einem Kollegen (auch „Junior“ genannt) teilt. Mit der Teilung des Versorgungsauftrages geht die Verpflichtung zur Leistungsbegrenzung einher. Die gesetzliche Grundlage zur obligatorischen Leistungsbegrenzung findet sich im § 101 Abs. 1 Nr. 4 und 5 SGB V. Dort ist festgelegt, dass eine Jobsharing-Partnerschaft im Bereich der vertragsärztlichen Versorgung nicht dazu führen darf, dass sich der Leistungsumfang der Praxis wesentlich erhöht. Es ist offensichtlich, dass der Gesetzgeber mit dieser Regelung die Leistungserbringung flexibilisieren, gleichzeitig aber eine Leistungsausweitung mit einhergehender Steigerung der Kosten im Gesundheitswesen verhindern will.

Praxishinweis: Jobsharing bedeutet nicht zwingend, dass sich der Arbeitsaufwand bzw. -einsatz der beiden Partner reduziert. Da die Leistungsbegrenzung sich ausschließlich auf den vertragsärztlichen Bereich beschränkt, besteht immer die Möglichkeit sich intensiver um die nicht vertragsärztlichen Bereiche zu kümmern. Jobsharing schafft Gestaltungsmöglichkeiten, die sowohl für Praxisinhaber, als auch für Praxiseinsteiger attraktiv sein können. So entscheiden sich viele Praxisinhaber für eine Teilung ihres Versorgungsauftrages, weil sie etwas kürzertreten möchten und sich eine Entlastung wünschen. Andere nutzen die zusätzliche Arbeitskraft, um die Praxisöffnungszeiten anzupassen und das Leistungsangebot auszuweiten.

Jobsharing bietet, wenn es richtig ausgestaltet ist zudem eine gute Gelegenheit frühzeitig einen Nachfolger in den Praxisbetrieb zu integrieren und somit die Praxisabgabe und den Übergang für die Patienten möglichst angenehm und reibungslos zu gestalten. Praxiseinsteiger haben beim Jobsharing den großen Vorteil, dass sie an der vertragsärztlichen Versorgung in gesperrten Gebieten teilnehmen können ohne große Investitionen tätigen oder die unternehmerische Gesamtverantwortung übernehmen zu müssen. Sie können also in aller Ruhe das Praxisteam, die Abläufe und die Patienten kennenlernen, um sich dann in einem zweiten Schritt fundiert für oder gegen die Niederlassung zu entscheiden. Hinzu kommt, dass Praxiseinsteiger deutliche Vorteile bei der Berücksichtigung für eine eigene Vollzulassung haben, wenn Sie fünf oder mehr Jahre in der Praxis tätig sind. Doch dazu später mehr. Jeder Arzt, der mit dem Gedanken spielt eine Jobsharing-Partnerschaft einzugehen, muss sich zunächst fragen, welche Variante für ihn in Frage kommt. Beim Jobsharing gibt es, wie bereits erwähnt, die Möglichkeit ein Anstellungsverhältnis einzugehen oder eine Jobsharing-Zulassung zu erhalten. Beide Varianten unterscheiden sich deutlich im Hinblick auf die daraus resultierenden Rechte und Pflichten des Arztes. Im Folgenden gehen wir zunächst auf die Jobsharing-Zulassung ein.

Die Jobsharing-Zulassung

Bei einer Jobsharing-Zulassung wird eine Berufsausübungsgemeinschaft (Gemeinschaftspraxis) zwischen dem Senior und dem eintretenden Junior gegründet. Was unter einer Gemeinschaftspraxis zu verstehen ist, hat das Bundessozialgericht in einer Grundlagenentscheidung definiert. Demnach versteht man unter einer Gemeinschaftspraxis die gemeinsame Ausübung ärztlicher Tätigkeit durch mehrere Ärzte des gleichen oder ähnlichen Fachgebiets in gemeinsamen Räumen mit gemeinsamer Praxiseinrichtung, gemeinsamer Karteiführung und Abrechnung sowie mit gemeinsamen Mitarbeitern auf gemeinsame Rechnung. Der eintretende Partner trägt somit einen Teil des wirtschaftlichen Risikos und erhält im Gegenzug eine Beteiligung am wirtschaftlichen Erfolg der Praxis. Zudem steht ihm eine angemessene Entscheidungs- und Handlungsfreiheit in beruflicher und persönlicher Hinsicht zu.

Praxishinweis: Bei einer Berufsausübungsgemeinschaft bilden der Praxisinhaber und der eintretende Partner eine wirtschaftliche und organisatorische Einheit. Dies muss beim Abschluss des Gemeinschaftspraxisvertrages unbedingt hinreichende Berücksichtigung finden. Erhält ein Gesellschafter, um nur ein Beispiel zu nennen, ausschließlich einen vom Erfolg der Berufsausübungsgemeinschaft unabhängigen, festen Gewinnanteil, so trägt er kein wirtschaftliches Risiko. In diesem Fall liegt die Vermutung nahe, dass ein verdecktes Anstellungsverhältnis (Scheinselbständigkeit) vorliegt. Dies würde die Kassenärztlich Vereinigung berechtigen die Honorare des Scheingesellschafters im Rahmen einer sachlich rechnerischen Richtigstellung gemäß § 106 a SGB V zurückzufordern. Daher sollte bei der Formulierung des Gemeinschaftspraxisvertrages immer ein mit der Materie vertrauter Jurist hinzugezogen werden.

Das Jobsharing Genehmigungsverfahren

Bevor eine Jobsharing-Berufsausübungsgemeinschaf gegründet werden kann, muss die vorherige Zustimmung des Zulassungsausschusses der kassenärztlichen Vereinigung eingeholt werden.

Dafür sind regelmäßig folgende Voraussetzungen zu erfüllen:

  1. Grundlegende Voraussetzung ist, dass der betreffende Planungsbereich gesperrt ist. Es darf für den eintretenden Partner kein eigener Sitz zur Verfügung stehen.
  2. Der Praxiseinsteiger muss die im Sozialgesetzbuch V und in der Ärzte Zulassungsverordnung genannten Zulassungsvoraussetzungen erfüllen.
  3. Der vorzulegende Gemeinschaftspraxisvertrag muss die Voraussetzungen der Genehmigungsfähigkeit gemäß der Zulassungsordnung für Ärzte erfüllen. Es darf nicht der Eindruck vermittelt werden, dass ein verkappter Arbeitsvertrag vorliegt.
  4. Die Fachidentität im Sinne des § 101 Absatz 1 Nummer 4 SGB V muss gegeben sein. Fachidentität liegt vor, wenn die Facharztkompetenz und, sofern eine entsprechende Bezeichnung geführt wird, die Schwerpunktkompetenz übereinstimmen. Einer Übereinstimmung steht nicht entgegen, wenn nur einer der Ärzte über eine Schwerpunktbezeichnung oder Schwerpunktkompetenz verfügt. Sind mehrere Vertragsärzte bereits in gemeinsamer Berufsausübung (Gemeinschaftspraxis) zugelassen, genügt die Übereinstimmung des Gebietes oder der Facharztkompetenz des Antragstellers mit einem der in gemeinsamer Berufsausübung verbundenen Vertragsärzte (vgl. § 41 Bedarfsplanungsrichtline).
  5. Beide Partner müssen gemeinsam entweder hausärztlich oder fachärztlich tätig sein (Versorgungsbereichsidentität).
  6. Da eine obligatorische Verpflichtung zur Leistungsbegrenzung besteht, müssen sich beide Partner schriftlich dazu verpflichten den Leistungsumfang der Praxis im Bereich der vertragsärztlichen Versorgung nicht wesentlich zu erhöhen.

Festlegung der maximal abrechenbaren Leistungsmenge (Obergrenze) beim Jobsharing

Die Festlegung erfolgt durch den Zulassungsausschuss. Dieser betrachtet – etwas vereinfacht – die Leistungserbringung des Seniorpartners in den letzten vier Quartalen und fügt einen Aufschlag in Höhe von 3% des Fachgruppendurchschnitts hinzu. Wenn die Prüfung der KV (Kassenärztlichen Vereinigung) zu dem Ergebnis kommt, dass alle Zulassungsvoraussetzungen erfüllt sind und keine anderweitigen Gründe gegen eine Zulassung sprechen, dann erhält der Praxiseinsteiger eine sog. vinkulierte Zulassung für die Dauer der gemeinsamen vertragsärztlichen Tätigkeit. Bei einer vinkulierten Zulassung handelt es sich nicht um eine eigene Zulassung. Der zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassene „Juniorpartner“ hat durch seine Zulassung zwar Vertragsarztstatus, aber keinen eigenen Versorgungsauftrag. Sollte der „Seniorpartner“ seine Tätigkeit beenden oder den Gemeinschaftspraxisvertrag kündigen, so endet grundsätzlich auch die Zulassung des Juniorpartners. Doch es gibt zwei wichtige Ausnahmeregelungen: So hat der Juniorpartner nach 5 Jahren gemeinsamer Tätigkeit einen gesetzlichen

Anspruch auf besondere Berücksichtigung bei der Übernahme des Praxissitzes des Seniorpartners. Hinzu kommt, dass nach 10 Jahren gemeinsamer Tätigkeit die Zulassungsvinkulierung des Praxiseinsteigers entfällt und der Juniorpartner eine

Vollzulassung erhält. Somit kann der Eintritt in eine Jobsharing-Gemeinschaftspraxis auf lange Sicht durchaus dazu genutzt werden, sich in einem gesperrten Gebiet als Vertragsarzt niederzulassen.

Unser Angebot: Wenn Sie an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen möchten, dann sollten Sie die betriebswirtschaftlichen und rechtlichen Aspekte eingehend beleuchten. Wir unterstützen Ärztinnen und Ärzte seit über 20 Jahren bei dem Schritt in die Selbständigkeit.

Nutzen Sie unsere Expertise und vereinbaren Sie einen Beratungstermin.