Der IGeL-Behandlungsvertrag und die Abrechnung von IGeL-Leistungen
Wenn ein Patient sich für die Inanspruchnahme eine IGeL-Leistung entschieden hat, dann muss der Behandlungsvertrag geschlossen werden und letztendlich die Liquidation der IGeL-Leistung erfolgen. Darauf gehen wir imFolgenden ein.
Wie muss der IGeL-Behandlungsvertrag aussehen?
Individuelle Gesundheitsleistungen sind regelmäßig vom Patienten zu zahlen. Insbesondere gesetzlich Versicherten, die es gewohnt sind, dass die Behandlungskosten direkt von ihrer Versicherung beglichen werden, ist dies oftmals nicht bewusst. Dadurch ergibt sich eine besondere Schutzbedürftigkeit. Aus diesem Grund müssen Ärztinnen und Ärzte, die bei gesetzlich Versicherten eine IGeL-Leistung durchführen wollen, vor Beginn der Behandlung einen schriftlichen Behandlungsvertrag abschließen. Ohne diesen darf der Arzt von einem Versicherten keine Vergütung fordern (vgl. § 18 VIII BMV-Ä).
Der IGeL-Behandlungsvertrag muss folgende Elemente beinhalten:
- Angaben zu den Vertragspartnern
- Darstellung der IGeL-Leistung (Art und Umfang)
- Die einschlägigen Ziffern der GOÄ und den Gebührensatz
- Ggf. Hinweise auf verwendete Analogziffern
- Informationen über die voraussichtlichen Gesamtkosten
- Erklärung des Patienten, dass die IGeL-Leistung auf seinen Wunsch durchgeführt wird und er der Behandlung ausdrücklich zugestimmt hat
- Erklärung des Patienten, dass er darüber aufgeklärt wurde, dass es sich nicht um eine Leistung der Krankenkasse handelt und er die Kosten selber tragen muss
- Datum des Vertragsschlusses
Ob für Privatversicherte dieselben Grundsätze gelten ist noch nicht abschließend geklärt. Für verminderte Aufklärungspflichten bei Privatpatienten spricht, dass im Bereich der Privaten Krankenversicherung das Kostenerstattungsprinzip vorherrschend ist. Privatpatienten sind es gewohnt ihre Rechnung zunächst direkt an den Arzt, Zahnarzt oder Psychotherapeuten zu zahlen. Anschließend erhalten sie den erstattungsfähigen Anteil von ihrem privaten Versicherer zurück.
Hinzu kommt, dass es im Bereich der privaten Krankenversicherung eine Vielzahl unterschiedlicher Tarife gibt. Für den Arzt ist es damit unmöglich in jedem Einzelfall abzuschätzen, ob die Behandlungskosten vom Versicherer übernommen werden. Dies darf jedoch nicht als Freibrief gesehen werden. In der Rechtsprechung herrscht die Meinung vor, dass der Arzt, sofern er Zweifel an der Erstattungsfähigkeit einer Leistung hat, dieses auch dem Privatpatienten mitteilen muss (Kammergericht Urteil vom 21.9.1999, Az: 6 U 261/98). Wir empfehlen daher stets einen schriftlichen Behandlungsvertrag zu formulieren. Dies sorgt nicht nur für Rechtssicherheit, sondern ist auch juristisch belastbar, wenn es darum geht nachzuweisen, dass die Behandlung auf Wunsch des Patienten erfolgt ist und dieser davon Kenntnis hatte, dass die Leistung nicht Bestandteil der vertragsärztlichen Versorgung war.
Liquidation von IGeL-Leistungen
Nachdem die privatärztliche Untersuchung oder Behandlung abgeschlossen und somit die medizinische Leistung erbracht wurde, kann im nächsten Schritt die Abrechnung erfolgen. Individuelle Gesundheitsleistungen sind wie Leistungen bei Privatpatienten und somit nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) abzurechnen. Die entsprechenden Grundsätze finden Anwendung.
Was gehört auf die IGeL-Rechnung?
Wie eine GOÄ-konforme Rechnung auszusehen hat, ist in § 12 GOÄ geregelt. Demnach muss die Rechnung u.a. folgende Elemente beinhalten:
- Angaben zum Rechnungsaussteller und Rechnungsempfänger
- Datum der Leistungserbringung
- Angabe, dass es sich um eine Leistung handelt, die auf ausdrücklichen Wunsch des Patienten erfolgt ist (Hinweis: IGeL-Leistungen müssen mit „Auf Ihr Verlangen“ oder einer vergleichbaren Formulierung gekennzeichnet sein)
- Bezeichnung der einzelnen berechneten Leistungen einschließlich einer in der Leistungsbeschreibung gegebenenfalls genannten Mindestdauer
- GOÄ-Leistungsziffern
- Ggf. Angaben und Erläuterungen zu Analogieleistungen (Hinweis: Analogieleistungen müssen mit „entsprechend“ oder einer vergleichbaren Formulierung gekennzeichnet sein)
- Steigerungssatz der einzelnen Leistung
- Ggf. Begründung für die Anwendung eines erhöhten Gebührensatzes
- Gesamtbetrag der jeweiligen Leistung
Erst wenn der Patient eine schriftliche, der GOÄ entsprechende Rechnung erhalten hat wird die Vergütung fällig (§ 12 I GOÄ). Der Arzt muss nun noch entscheiden, ob er seinen Patienten eine Frist für die Bezahlung der Leistung einräumen will. Dazu ist er zwar grundsätzlich nicht verpflichtet, aber es empfiehlt sich eine patientenfreundliche Zahlungsfrist von zwei bis vier Wochen zu gewähren. Von deutlich längeren Zahlungsfristen raten wir allerdings ab. Untersuchungen haben gezeigt, dass überdurchschnittlich lange Zahlungsziele dazu führen, dass Zahlungen mit einer höheren Wahrscheinlichkeit nicht geleistet werden. Es wird vermutet, dass Rechnungsempfänger, wenn sie keine unmittelbare Handlungsnotwendigkeit sehen, die Rechnung erst einmal ablegen und in einigen Fällen dann einfach vergessen.
Wie sieht der Gebührenrahmen für IGeL-Leistungen aus?
Der Gebührenrahmen für Individuelle Gesundheitsleistungen bestimmt sich grundsätzlich nach § 5 der GOÄ. Somit bemisst sich die Höhe der einzelnen Gebühr grundsätzlich nach dem Einfachen bis Dreieinhalbfachen des Gebührensatzes. Innerhalb des Gebührenrahmens sind die Gebühren unter Berücksichtigung der Schwierigkeit und des Zeitaufwandes der einzelnen Leistung sowie der Umstände bei der Ausführung nach billigem
Ermessen zu bestimmen. Beachtet werden muss, dass eine Überschreitung des 2,3-fachen Satzes der Gebührenordnung nur dann zulässig ist, wenn die Schwierigkeiten der Leistungserbringung und der Zeitaufwand der einzelnen Leistung dies rechtfertigen.
Wie ist mit IGeL-Leistungen, die nicht in der GOÄ aufgeführt sind zu verfahren?
Es kommt immer wieder vor, dass einzelne diagnostische oder therapeutische IGeL-Verfahren nicht in der GOÄ verzeichnet sind. Trotzdem haben die Patienten auch hier ein Recht auf eine ordnungsgemäß nach der GOÄ erstellten Liquidation. Gibt es keine Ziffer für die erbrachte ärztliche Leistung, dann muss gemäß § 6 II GOÄ eine nach Art, Kosten- und Zeitaufwand gleichwertige Leistung des Gebührenverzeichnisses herangezogen werden. Wichtig ist es dies auch in der Rechnung deutlich zu machen. Die entsprechende Regelung findet sich in § 12 IV GOÄ. Dort ist festgelegt, dass eine Leistung, die nach § 6 II GOÄ berechnet wurde für den Zahlungspflichtigen verständlich zu beschreiben und mit dem Hinweis „entsprechend“ sowie der Nummer und der Bezeichnung der als gleichwertig erachteten Leistung zu versehen ist.
Können IGeL-Leistungen pauschal abgerechnet werden?
Da die Vergütungen für die beruflichen Leistungen der Ärzte gemäß § 1 I GOÄ nach der Gebührenordnung für Ärzte bestimmt werden ist eine Abrechnung mittels Pauschalen nicht zulässig. Dies trifft selbst bei einfachen Attesten, wie z.B. Schulfähigkeits- oder Prüfungsfähigkeitsatteste, zu.
Unterliegen IGeL-Leistungen der Umsatzsteuer?
Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, die im Rahmen der Ausübung der Tätigkeit als Arzt, Zahnarzt, Heilpraktiker oder einer ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit durchgeführt werden, sind umsatzsteuerfrei (vgl. § 4 Nr. 14 a UStG). Die ärztliche Heilbehandlung umfasst dabei alle Tätigkeiten, die zur Verhütung, Früherkennung und Behandlung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen erforderlich sind. Somit unterliegen auch alle IGeL-Leistungen, die medizinisch indiziert sind, nicht der Umsatzsteuerpflicht. Analog dazu sind alle Leistungen, bei denen keine medizinische Indikation vorliegt, wie z.B. Schönheitsoperationen und Tauglichkeitsprüfungen, grundsätzlich umsatzsteuerpflichtig. In Einzelfällen kann die Abgrenzung jedoch problematisch sein. So sind Schönheitsoperationen nach einer aktuellen Rechtsprechung des EuGH dann von der Umsatzsteuer befreit, wenn sie der Behandlung oder Heilung von Personen dienen, bei denen aufgrund einer Krankheit, Verletzung oder eines angeborenen körperlichen Mangels ein Eingriff ästhetischer Natur erforderlich ist. Zu denken ist dabei z.B. an Eingriffe, die aufgrund einer schwerwiegenden psychischen Belastung erfolgen. Die Finanzbehörden äußern sich zur umsatzsteuerlichen Behandlung einzelner IGel-Leistungen nicht. Daher kann es im Rahmen einer Außenprüfung immer wieder vorkommen, dass der Betriebsprüfer die medizinische Indikation einzelner Behandlungen anzweifelt. In der Folge müsste der Arzt die Umsatzsteuer in Höhe von 19% und die zusätzlich anfallenden Zinsen gemäß §§ 233 ff. AO nachträglich von seinem Gewinn zahlen. Um bei einer Prüfung durch die Finanzbehörde nicht mit Umsatzsteuer-Nachzahlungen konfrontiert zu werden, ist eine sorgfältige Dokumentation der medizinischen Indikation für jeden Einzelfall vorzunehmen. Gerade in der Anfangsphase der selbständigen Tätigkeit sollte in Zweifelsfragen der Rat des Steuerberaters oder eines versierten Experten eingeholt werden.