Der Arzt als Arbeitgeber – Die Personalkosten

Die Personalkosten stellen in den meisten Arztpraxen den größten Kostenblock dar. Mit einem Anteil von durchschnittlich 24% an den Gesamtkosten einer Praxis haben sie einen großen Einfluss auf die Rentabilität und somit letztendlich auf das Einkommen des Arztes. Jeder Arzt, der eine Praxis übernehmen möchte oder bereits niedergelassen ist, muss sich mit dieser bedeutenden betriebswirtschaftlichen Größe beschäftigen. Dieser Beitrag soll Ihnen helfen die Personalkosten richtig einordnen und bewerten zu können.

Was kostet ein Mitarbeiter einer Arztpraxis?

Wir stellen immer wieder fest, dass die Kosten eines Mitarbeiters mit dem vereinbarten Bruttoentgelt gleichgesetzt werden. Dies ist jedoch eine unzureichende Betrachtungsweise, da für den Arbeitgeber zusätzliche Kosten anfallen. Zu denken ist dabei nicht nur an die gesetzlichen Sozialabgaben, die für Renten-, Kranken-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung gezahlt werden müssen. Zusätzlich fallen Umlagen zur Entgeltfortzahlung und zum Insolvenzgeld an. Auch Beiträge zur Berufsgenossenschaft müssen geleistet werden. Häufig werden zudem Urlaubs- und Weihnachtsgeld, sowie weitere tarifliche oder freiwillige Sozialleistungen gezahlt. Dazu zählen insbesondere die freiwilligen Zuwendungen zur privaten Altersvorsorge. Des Weiteren müssen Aufwendungen für Ausfallzeiten von Mitarbeitern berücksichtigt werden.

Dabei geht es aber nicht primär um die Kosten für die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, da diese zum Teil durch das gesetzliche Umlageverfahren finanziert werden, sondern um die zusätzlichen Kosten, die durch die Einarbeitung und Beschäftigung von Ersatzarbeitskräften bzw. Aushilfen entstehen. Das Statistische Bundesamt hat erhoben, dass Beschäftigte in 2019 durchschnittlich 9,5 Arbeitstage krankgemeldet waren. Dieser Orientierungswert sollte bei der Kalkulation berücksichtigt werden. Schließlich sind noch die regelmäßig notwendigen Weiterbildungskosten in die Kalkulation der Gesamtpersonalkosten mit einzubeziehen.

Beispiel (vereinfacht):
Ein Arzt möchte eine zusätzliche Mitarbeiterin einstellen. Er geht von folgenden Eckdaten aus: Bruttogehalt: 1.800 €; Beitragssatz Krankenversicherung (KV): 14,6%; Zusatzbeitrag Kasse: 0,7%; Umlage U1: 2,0%; Umlage U2: 0,47%; Insolvenzgeldumlage U3: 0,06%; Berufsgenossenschaft: 0,80%; Gesetzliche Renten- und Pflegeversicherung; Gesetzliche Arbeitslosenversicherung.

Die Frage ist: Wie hoch sind seine Gesamtkosten für die neue Mitarbeiterin der Arztpraxis?

Gesamtkosten für die neue Mitarbeiterin:

Bruttogehalt:
1.800,00 €
Arbeitgeberanteil KV (7,3%):
131,40 €
Arbeitgeberanteil Zusatzbeitrag KV (0,35%):
6,30 €
Umlage U1 (2,0%):
36,00 €
Umlage U2 (0,47%):
8,46 €
Insolvenzgeldumlage U3 (0,06%):
1,08 €
Berufsgenossenschaft (0,8%):
14,40 €
Gesetzliche Rentenversicherung (9,30%):
167,40 €
Gesetzliche Pflegeversicherung (1,525%):
27,45 €
Gesetzliche Arbeitslosenversicherung (1,2%):
21,60 €
Summe:
2.214,09 €

Ein Arzt, der einer Mitarbeiterin 1.800 € Brutto zahlen möchte, muss also mit Gesamtkosten in Höhe von 2.214,09 € rechnen.

Faustformel: Gesamtkosten = Bruttogehalt + 23 %

Für einen Arzt ist es auch wichtig zu wissen, wie viel vom vereinbarten Bruttogehalt den Mitarbeitern tatsächlich zur Verfügung steht. Schließlich muss das Gehalt den lokalen Gegebenheiten angemessen sein (Lebenshaltungskosten). Nur so können gute Kräfte auf Dauer gehalten werden. In unserem Beispiel nehmen wir an, dass die Mitarbeiterin ledig ist, keine Kinder hat und Kirchensteuer zahlt.

Die Frage ist: Wie viel von ihrem Bruttolohn steht der Arbeitnehmerin zur Verfügung?

Nettoeinkommen der Arbeitnehmerin:

Bruttogehalt:
1.800,00 €
Arbeitnehmeranteil KV (7,3%):
131,40 €
Arbeitnehmeranteil Zusatzbeitrag KV (0,35%):
6,30 €
Solidaritätszuschlag (5,5%):
7,20 €
Kirchensteuer (8,0%):
10,48 €
Lohnsteuer:
131,08 €
Gesetzliche Rentenversicherung (9,30%): 167,40 €
Gesetzliche Pflegeversicherung (1,525%): 27,45 €
Gesetzliche Pflegevers. Zuschlag (0,25%):
4,50 €
Gesetzliche Arbeitslosenversicherung (1,2%):
21,60 €
Nettoeinkommen:
1.252,59 €

Damit die Mitarbeiterin aus dem Beispielfall ein Nettoeinkommen in Höhe von rund 1.250 € beziehen kann, muss der Praxisinhaber ca. 2.220 € aufwenden.

Unser Tipp: Um Ihren Mitarbeitern die gesamten finanziellen Aufwendungen vor Augen zu führen, können diese in die monatlichen Abrechnungen integriert werden.

Begriffserläuterungen:

Umlage U1

Die Umlage U1 ist eine Entgeltfortzahlungsversicherung, die alle Arbeitgeber abschließen müssen, wenn sie regelmäßig nicht mehr als 30 Arbeitnehmer beschäftigen. Die gesetzliche Grundlage bildet das Aufwendungsausgleichsgesetz (AAG). Zweck dieser Pflichtversicherung ist es die finanziellen Belastungen eines Betriebes, die durch Krankheit eines oder mehrerer Mitarbeiter entstehen, abzufedern. Bei krankheitsbedingten Ausfällen erstattet die jeweilige Krankenkasse zwischen 50 % und 80% der Aufwendungen des Arbeitgebers. Die Höhe der Erstattungsleistung richtet sich nach dem vom Arbeitgeber gewählten Erstattungsmodell. Berechnungsgrundlage für den Beitrag ist das Arbeitsentgelt bis zur Beitragsbemessungsgrenze der Rentenversicherung. Da die Beitragssätze zur Umlage U1 von den Krankenkassen individuell festgelegt werden, ist der Beitragssatz nicht einheitlich. Derzeit liegt der Beitragssatz zwischen 1,0% und 3,9%.

Umlage U2

Bei der Umlage U2 handelt es sich um das Ausgleichsverfahren der Entgeltfortzahlung bei Mutterschaft. Alle Unternehmen sind unabhängig von der Anzahl der Beschäftigten verpflichtet an dem Umlageverfahren teilzunehmen. Dies gilt auch für Unternehmen, die nur männliche Mitarbeiter beschäftigen. Die Höhe der Umlagebeiträge errechnet sich aus dem Bruttoarbeitsentgelt des Arbeitnehmers bis zur Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung und dem von der jeweiligen Krankenkasse festgelegten Beitragssatz.

Derzeit liegt der Beitragssatz zwischen 0,3% und 0,5%. Im Gegenzug erhalten die Arbeitgeber das bei Beschäftigungsverboten gezahlte Arbeitsentgelt, den gezahlten Zuschuss zum Mutterschaftsgeld und die auf dieses Arbeitsentgelt entfallenden Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung.

Insolvenzgeldumlage

Die Insolvenzgeldumlage, auch Umlage U3 genannt, ist eine arbeitgeberfinanzierte Umlage, durch welche die Mittel für die Zahlung von Insolvenzgeldern aufgebracht werden. Alle insolvenzfähigen Arbeitgeber müssen 0,06% (Stand: 2020) der rentenversicherungspflichtigen Arbeitsentgelte aller im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer und Auszubildenden abführen. Die Berechnung der Umlage erfolgt im Rahmen der monatlichen Lohnabrechnung durch den Arbeitgeber. Im Insolvenzfall erhalten die Mitarbeiter gemäß § 165 SGB III Insolvenzgeld, sofern sie im Inland beschäftigt waren und bei einem Insolvenzereignis für die vorausgegangenen drei Monate des Arbeitsverhältnisses noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt haben.

Berufsgenossenschaftsbeitrag

Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eines Unternehmens müssen in einer Berufsgenossenschaft (BG) gesetzlich unfallversichert sein. Die Wahl der

Berufsgenossenschaft ergibt sich aus der Branchenzugehörigkeit des Betriebes. Für ärztliche Praxen ist die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) zuständig. Die Berufsgenossenschaften haben gemäß § 14 SGB VII vorrangig die Aufgabe Arbeits- und Wegeunfälle, Berufskrankheiten und arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren mit allen geeigneten Mitteln zu verhüten. Ereignet sich ein Arbeitsunfall oder erkrankt ein Versicherter an einer Berufskrankheit, so muss die Berufsgenossenschaft den Gesundheitsschaden beseitigen oder zumindest bessern, seine Verschlimmerung verhüten und seine Folgen mildern. Die Zahlung eines Verletztengeldes und die Zahlung einer Rente sind möglich. Die Beiträge für die gesetzliche Unfallversicherung zahlt der Arbeitgeber (§ 150 I SGB VII). Die Beitragshöhe hängt von der Höhe der Entgelte der Versicherten, den Beitragsfuß und der Gefahrenklasse ab