Medizinstudent im Praktischen Jahr wegen fahrlässiger Tötung verurteilt

Der Fall
Ein Medizinstudent durchlief im Rahmen seines Praktischen Jahres (PJ) mehrere Stationen, bevor er nach rund 6 Monaten auf die Kinderkrebsstation eines Evangelischen Krankenhauses in Bielefeld wechselte. Dort arbeitete er eine Woche, bevor er von einer Krankenschwester gebeten wurde eine Blutentnahme an einem an Leukämie erkrankten zehn Monate alten Baby durchzuführen. Er erklärte sich dazu bereit. Aufgrund seiner praktischen Vorerfahrung und seiner zusätzlichen Ausbildung zum Rettungssanitäter, war die Durchführung einer Blutentnahme bei einem zentralen Venenkatheter für den ihn nichts Ungewöhnliches.

Weiterhin wurde dem Medizinstudenten mitgeteilt, dass dem Patienten Refobacin gegeben werde. Ein Auftrag das Medikament zu verabreichen wurde ihm nicht erteilt.

Der Medizinstudent ging irrtümlicherweise davon aus, dass er die Blutentnahme und auch die Refobacin-Gabe vornehmen soll.

Eine Krankenschwester betrat das Zimmer und legte eine Spritze ohne Nadel mit einem Antibiotikum bereit. Das Antibiotikum war für die orale Gabe vorgesehen. Dies teilte sie, nach eigenen Aussagen, auch dem Medizinstudenten mit. Die Spritze war nicht beschriftet. Im Krankenhaus wurden zu dieser Zeit für orale und intravenöse Verabreichungen identische Spritzen verwendet.

Der Medizinstudent spritzte das Antibiotikum in ein laufendes intravenöses Infusionssystem. In der Folge erlitt das Baby einen schweren anaphylaktischen Schock und starb.

Die Entscheidung
Das Amtsgericht Bielefeld verurteilte den Medizinstudenten im Praktischen Jahr wegen fahrlässiger Tötung zu einer Geldstrafe in Höhe von 1.800 Euro (120 Tagessätze a 15 Euro). Die Folge einer derartigen Verurteilung ist ein entsprechender Vermerk im polizeilichen Führungszeugnis. Die Karriere des Beklagten wäre dadurch praktisch beendet. Der Beklagte legte Berufung ein.

Das Landgericht Bielefeld bestätigte grundsätzlich die Entscheidung des Amtsgerichts. Der Medizinstudent hätte sich vor Verabreichung vergewissern müssen, welches Medikament in der Spritze war. Schließlich war diese nicht beschriftet. Der Tod des Kindes hätte vermieden werden können, wenn der Student sorgfältig gearbeitet hätte. Somit ist auch das Landgericht zu der Überzeugung gelangt, dass der Beklagte die Alleinschuld am Tod des Kindes zu tragen hat.

Was die zweite Instanz allerdings änderte ist das Strafmaß: der Medizinstudent wurde nun zu 90 Tagessätzen a 20 Euro verurteilt. Damit änderte sich zwar nicht die Höhe der Geldstrafe, aber die Vorstrafe tauchte nun nicht mehr im polizeilichen Führungszeugnis des mittlerweile approbierten Arztes auf.

Landgericht Bielefeld, Urteil vom 14.08.2013 – Az.: 011 Ns-16 Js 279/11-11/13

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